04 Bewegungsräume
Download4.1 Bewegungsfreundliche Umgestaltung der Innen- und Aussenräume
Ziel ist es, allen Kindern mehr Bewegungs- und Wahrnehmungserfahrungen in ihrem Alltag zu ermöglichen. Die motorisch starken Kinder sollen ihre Fertigkeiten erweitern können und die motorisch schwächeren Kinder in ihrer motorischen Entwicklung gefördert und unterstützt wer-den. Dieses Ziel lässt sich auch mit «einfachen», vielseitig einsetzbaren Bewegungsmaterialien und ohne teure Anschaffungen erreichen. (-> Alltagsmaterialien).
4.1.1 Innenräume
Damit Bewegung im Alltag stattfinden kann, braucht es Platz bzw. freie Bodenflächen. Generell laden grosse Räume bzw. viel freie Bodenfläche zu grossen Bewegungen ein. Kleinere Räume mit weniger freien Bodenflächen legen feinere, leisere Tätigkeiten nahe.
Die Bewegungsecke bekommt den gleichen Stellenwert wie z.B. die Familienecke und die Bauecke. Bewegung findet jedoch nicht nur dort statt, sondern ist überall mitzudenken (z.B. geführte Sequenzen, offene Sequenzen) (-> Bewegter Alltag). Die verschiedenen Bereiche können auch durch Bewegung miteinander kombiniert werden. Das bedeutet, dass das Spiel nicht auf einen definierten Bereich begrenzt wird, sondern sich das Spiel auch auf andere Bereiche ausdehnen kann. Auf diese Weise wird Bewegung natürlich in den Alltag der Kinder integriert. Für ein bewegteres Freispiel und spielerische Lernarrangements müssen die Bewegungsmaterialien für die Kinder leicht zugänglich und sichtbar sein (z.B. Schranktüren aushängen, Material für Kinder in den tiefen Schrankfächern, anderes Material in der Höhe). Gegenstände, die für verschiedene Spiele genutzt werden, können zentral gelagert werden. Dadurch wird den Kindern signalisiert, dass die Sachen in verschiedenen Bereichen verwendet werden können (z.B. Seile, Kartonröhren, Kanthölzer, Reifen).
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Je nach räumlichen Gegebenheiten ist eine Umgestaltung notwendig. Welche, entscheidet jede Kita / Spielgruppe selbst: Kann ich beispielsweise die Anzahl Tische und Stühle reduzieren oder durch vielseitig einsetzbare Materialien ersetzen? Können leicht verschiebbare Regale rasch Freiräume ermöglichen? Oder kann ich die Post und den Verkäuferliladen (Kaufladen) umnutzen? Es gibt viele Lösungsmöglichkeiten und keine Regeln.
1. Skizze mit Grundriss der Räumlichkeiten erstellen.
- Aktuelle Raumnutzung kennzeichnen.
- Was machen die Kinder wo?
- Welches sind die wichtigsten Laufwege?
- Wo gibt es oft Konfliktpotential, halten sich die Kinder nicht gerne auf und warum (z.B. benachbarte Spielorte, räumliche Abgrenzung)?
- Sich auf Ebene der Kinder begeben und Räume aus der Perspektive der Kinder betrachten. Wie sehen die Räume dann aus und wie ist die Wahrnehmung dieser im Zusammenhang mit dem Konfliktpotential?
- Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es dafür (z.B. Raumteiler verwenden)?
- Wo findet Bewegung statt, welche Orte bieten sich für Bewegung an (Nebenräume wie Gang oder Garderobe miteinbeziehen)?
- Was schränkt die Bewegung ein?
- Gibt es Rückzugs- und Entspannungsorte?
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2. Raster «Umgestaltung» ausfüllen.
- Wo können die Kinder welche elementaren Bewegungsbedürfnisse ausleben und welche Materialien sind dafür vorhanden? Welche Materialien fehlen?
- Welche Möbel können auch für Bewegung genutzt werden?
3. Skizze mit Grundriss und Raster «Umgestaltung» kombinieren und einen neuen Grundriss mit den Bewegungsräumen erstellen.
- Abklärungen mit Hauswart / Hausverwaltung etc. bezüglich Decken- und Wandstabilität treffen, technische Sicherheiten (BFU) beachten.
- Eltern um Unterstützung beim Sammeln von Materialien, Erstellen von Hilfsmitteln (z.B. Rutschbrett, Holzrugel) und Umgestalten bitten. (-> BFU Normen)
- Umgestaltung beginnen und ausprobieren. Bei Bedarf anpassen und erneut ausprobieren.
- Zuständigkeiten für Wartung und Unterhalt klären.
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- Bewegungsecke oder -raum einrichten. Optimal ist es, wenn die Bewegungsecke etwas abgeschirmt oder sogar in einem anderen Raum ist. Grobmotorische Tätigkeiten erhöhen den Geräuschpegel.
- Halbhohe Regale und Kommoden oder durchsichtige Vorhänge als Raumteiler nutzen. Die Spielbereiche sind dadurch abgegrenzt und geschützt. Die Kinder können bei Bedarf den-noch Blickkontakt zu den Betreuungspersonen herstellen (Sicherheitsgefühl).
- Platz schaffen durch das Entfernen von Mobiliar (vor allem Tische und Stühle).
- Spiel- und Bewegungsmaterialien regelmässig auswechseln weniger ist mehr! Das Ar-beitsgedächtnis von Kindern kann drei bis fünf Elemente gleichzeitig berücksichtigen und daraus eine Auswahl treffen.
- Gebremste Rollen unter schwere Korpusse, Regale oder Kommoden montieren, damit diese im Raum verschiebbar sind.
- Frei zugängliches Material wird viel eher genutzt. Schranktüren aushängen, damit die Kin-der die vorhandenen Materialien besser sehen und Zusammenstösse durch Schranktüren vermieden werden. Offene Schränke können auch mit Rollvorhängen versehen werden, damit die Materialien bei Bedarf verborgen bleiben.
- Alltäglich, vielseitig verwendbares Bewegungs- und Spielmaterial anschaffen:
- Teppichresten und -muster vom Teppichhändler/ Bodenleger
- Reste von Installationsrohren vom Elektriker
- Schwämme, Putzlappen, Bierfilzscheiben
- Holzrugel, verschiedene Bretter und Kanthölzer
- Kartonröhren z.B. vom Teppichhändler
- Kartonschachteln in verschiedenen Grössen
- Matten und Matratzen
- Tücher und Seile
- Haken an der Decke befestigen (Tragfähigkeit beachten: Deckenkonstruktion und Anzahl Kinder), um Taue, Strickleitern, Hängematten, Schaukeln und Klettertürme aufzuhängen -> bei genügend Platz (-> technische Sicherheit).
4.1.2 Aussenräume
Aussenräume spielen in der Bewegungsförderung eine wichtige Rolle. Sie bieten viel Platz für Bewegung und die Lärmemissionen sind dort weniger störend als in Innenräumen. Auch machen Kinder im Freien vielseitige Wahrnehmungserfahrungen und werden in ihrer motorischen, kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklung ganzheitlich gestärkt.
Idealerweise sind der Spielplatz und der Garten naturnah gestaltet, denn sie erfüllen grundlegende Erkundungs-, Gestaltungs- und Bewegungsbedürfnisse von Kindern unterschiedlichen Alters (-> Naturnahe Spiel- und Pausenplätze, Pädagogisches Dossier). Solche Spielräume enthalten verschiedene Elemente wie unterschiedliche Untergründe (Wiese, Kies, Sand), verschiedene Ebenen und diverse Pflanzen. Naturnahe Spielräume bieten viele Möglichkeiten für freies Spielen. Gut gestaltete Spielplätze und Gärten sind ein wichtiger Ort für Kinder, um ihre Eigeninitiative und Kreativität zu entfalten. Sie bieten Rückzugsorte und fördern das gemeinsame Spielen und den Austausch. Aussenplätze mit verschiedenen Spielmöglichkeiten sprechen Kinder an und beschäftigen sie länger.
Im Aussenbereich braucht es keine grossen und teuren Installationen. Auch mit Natur- und Alltagsmaterialien können sich die Kinder selbstständig und vielseitig beschäftigen.
Skizze mit Grundriss des Aussenraums (zur Kita/ Spielgruppe gehörender/ genutzter Spielplatz und/ oder Garten) erstellen.
Aktuelle Raumnutzung kennzeichnen.
- Was machen die Kinder wo?
- Welches sind die wichtigsten Laufwege?
- Wo halten sich die Kinder oft und gerne auf und können sich verweilen?
- Wo gibt es oft Konfliktpotential, halten sich die Kinder nicht gerne auf und warum (z.B. benachbarte Spielorte, räumliche Abgrenzung)?
- Sich auf Ebene der Kinder begeben und Spielraum aus der Perspektive der Kinder betrachten. Wie wird der Spielraum aus dieser Perspektive wahrgenommen und wie ist die Wahrnehmung im Zusammenhang mit dem Konfliktpotential? à «Checkliste für die Umgestaltung des Aussenraums» ausfüllen
- Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es dafür (z.B. Raumteiler verwenden)?
- Was schränkt die Bewegung ein?
- Skizze mit Grundriss und Erkenntnisse aus der Checkliste vergleichen. Sich mit dem Team und den Kindern Gedanken nach Lösungen machen bzw. Ideen besprechen.
- Bei grösseren Umgestaltungen sind Absprachen mit den Landbesitzern notwendig. Die digitalen Handbücher des Angebots naturnahe Spiel- und Pausenplätze bieten Unterstützung bei der Realisierung und pädagogischen Nutzung.
- Holzrugel und verschiedene Bretter
- Autopneus
- Verschiedene Untergründe (Kies, Rasen, Platten, …) und wenn möglich verschiedene Ebenen (z.B. Hügel)
- Barfussweg mit verschiedenen Untergründen
- Matschküche
- Dachrinnen und Rohre für Wasserspiele
- Baumstämme und Kletterbäume
- Weidentunnels und -hütten, Nischen
- Verschliessbare Kiste oder Gartenhäuschen für Materialien
- Kreide für Hüpfspiele und kreativ sein
- Seile
- Bälle
- Hütchen
- Rutschfahrzeuge und Fahrzeuge mit Rollen
- Eimer, Schaufeln, Besen
- Tellerbob
- …
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Bei der Raumgestaltung ist den Bedürfnissen der Säuglinge besondere Beachtung zu schenken.
Die Säuglinge halten sich vorwiegend auf dem Boden auf und sind zu Beginn noch an einen Platz gebunden. Ihr Bewegungsradius ist sehr eingeschränkt und sie können nicht selbstständig an andere Plätze ausweichen.
In den ersten Monaten sind sie in der Emotions- und Erregungsniveauregulation noch stark auf die Unterstützung durch Bezugspersonen angewiesen. Eine Umgebung mit zu vielen Reizen (Material, Lärm, andere Kinder, etc.) beeinträchtig die Selbstregulationsfähigkeiten von Säuglingen und Kleinkindern. Deshalb ist es wichtig, dass die Raumgestaltung auch aus dem Blickwinkel der Säuglinge betrachtet wird. Eine strukturierte und vorhersehbare Umgebung hilft den Kindern, sich sicher zu fühlen und ihre Umwelt besser zu verstehen. Die Raumgestaltung soll auch die Interaktion mit Blickkontakten zwischen den Kindern und den Betreuungspersonen fördern. Ruhezonen und Bereiche mit reduzierten Reizen unterstützen die Säuglinge in Ihrer Entwicklung.
Bei der Raumgestaltung ist darauf zu achten, welche Bewegungspositionen die Säuglinge bereits können und welche als nächste anstehen. Ausgehend von der Bewegungsentwicklung braucht es passende Materialien.
Beginnen die Säuglinge zu robben oder kriechen, brauchen sie eine feste Unterlage, um sich vom Boden abstossen zu können und Widerstand zu spüren. Ebenso sind dann z.B. verschiedenen Ebenen erforderlich, da Krabbelkinder gerne hinauf- und hinunter krabbeln.
Wähle einen Platz aus, an dem sich die Säuglinge viel aufhalten. Lege dich am ausgewählten Ort flach auf dem Rücken auf den Boden. Lasse den Raum und den Tagesbetrieb (die Kinder) auf dich wirken.
- Was siehst du von deinem Platz aus, wenn du den Kopf nach links und rechts drehst?
- Welche Geräusche nimmst du wahr?
- Wie fühlst du dich (wohl, unwohl, geborgen, gestresst, …)?
- Wiederhole das Erlebnis an anderen Plätzen, zu anderen Zeiten oder in anderen Bewegungspositionen, die die Säuglinge bereits beherrschen.
Nimm deine gemachten Erfahrungen aus dem Selbstversuch und überlege dir, ob es für die Säuglinge Anpassungen im Raum braucht.
Mögliche Anpassungen können sein
- Räumliche Abgrenzung zu den grösseren Kindern z.B. durch Spielgitter, halbhohe Raumteiler, etc.
- Weniger Materialien, dafür mehr vom Gleichen
- Verschiedene Ebenen