Hintergrund
Die Definition von Gesundheit im MindMatters-Programm orientiert sich an diejenige der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Demnach wird Gesundheit als das Zusammenspiel von körperlichen, sozialen und psychischen Aspekten verstanden, die das ganzheitliche Wohlbefinden bestimmen. Bei der Förderung und Bewahrung der Gesundheit spielen gemäss der WHO vor allem psychische Faktoren eine wichtige Rolle: «There is no health without mental health». Psychische Gesundheit hat etwas damit zu tun, wie sich Menschen in ihrem sozialen und kulturellen Lebenskontext mit Herausforderungen konstruktiv auseinandersetzen, wie sie ihre eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Hoffnungen verwirklichen und wie sie sich mit ihren eigenen Anliegen einbringen, darauf weist der Slogan der WHO hin. Zentral bei MindMatters ist deshalb die Förderung von Ressourcen und Fähigkeiten, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, mit den alltäglichen Anforderungen produktiv umzugehen und ihr Leben selbstverantwortlich zu gestalten. Psychische Gesundheit wird demnach betimmt durch die Balance zwischen produktiver Anpassung, Selbsterhaltung und Selbstverwirklichung und Selbstgestaltung.
Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zeigt sich darin, dass es ihnen gelingt, die Balance zwischen produktiver Anpassung und Selbstverwirklichung zu halten.
Sich verändernde gesellschaftliche Verhältnisse führen jedoch zunehmend dazu, dass Schülerinnen und Schüler in Familie, Schule und Freizeit neben interessanten Entfaltungsmöglichkeiten auch verschiedenartige Belastungen erfahren.
Nicht selten fühlen sie sich z.B. elterlichen und schulischen Leistungsanforderungen, dem Gruppendruck der Mitschülerinnen und Mitschüler oder anderen sozialen Zwängen nicht gewachsen.
Die vermehrt auftretenden psychischen Auffälligkeiten, wie Lern- und Leistungsstörungen, depressive Verstimmungen, psychosomatische Beschwerden, Aggression, Gewalt und nicht zuletzt Suizidhandlungen sind ernstzunehmende Hinweise darauf, dass das Leben mancher Kinder und Jugendlicher aus der Bahn geraten ist. Sie sind überfordert und in ihrer Entwicklung beeinträchtigt.
Ziel von MindMatters als Ressource für schulische Settings ist es, solchen Entwicklungsbeeinträchtigungen vorzubeugen, indem die Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen gestärkt werden: Kinder und Jugendliche sollen in die Lage versetzt werden, den gesellschaftlichen Anforderungen kompetent und selbstbewusst zu begegnen und ihre eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Hoffnungen im Leben zu verwirklichen.
Studien belegen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Gesundheit und Lernfähigkeit: Das Wohlbefinden von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrpersonen ist eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Lehren und Lernen. Ein gutes Klassenklima und eine wertschätzende, partizipative Schulkultur führen zu mehr psychischer Gesundheit und Wohlbefinden und somit zu mehr Raum für Lernerfolg. Durch die Stärkung einer gesundheitsfördernden Schulkultur und die Förderung von sozialen und emotionalen Kompetenzen der Schülerinnen und Schülern kann das Belastungserleben seitens der Lehrpersonen vermindert werden. Für ein optimales Lernen sollte die Schule ein Ort sein, an dem sich alle Schulmitglieder sicher, wertgeschätzt, sozial eingebunden, autonom und selbstwirksam fühlen.
Das Konzept der «Gesundheitsfördernden Schule» bildet die Grundlage von MindMatters und zielt darauf ab, Schulen bei der Verbesserung der psychischen Gesundheit aller Schulakteure zu unterstützen. Es ist als Fundament für die Gesundheitsförderung in der Schule entworfen worden und bezieht die gesamte Schule (Schülerinnen und Schüler, Lehrpersonen, Schulleitungen, nicht unterrichtendes Personal und Eltern) sowie das schulische Umfeld mit ein.
Eine gesundheitsfördernde Schule verständigt sich über ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag, setzt ihn unter Berücksichtigung der Gesundheit aller Beteiligten erfolgreich um und leistet damit einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung. Vorhandene Qualitäten in den folgenden Bereichen werden durch die Schulentwicklung kontinuierlich und nachhaltig erweitert:
- Pädagogische Wirkung: Bildungs- und Erziehungserfolg
Die gesundheitsfördernde Schule fördert bei den Schülerinnen und Schülern Kompetenzen und Einstellungen, die ihr Bestreben zum lebenslangen Lernen stärken und ihnen ermöglichen, in einer sich verändernden Gesellschaft ein erfolgreiches und gesundes Leben zu führen. - Qualitative Weiterentwicklung von Schule und Unterricht
Die gesundheitsfördernde Schule wendet bei der Gestaltung von Strukturen und Prozessen in der gesamten Schule und im Unterricht konsequent Erkenntnisse der Gesundheits- und Bildungswissenschaften (Partizipation, Selbstwirksamkeit, Orientierung an der Salutogenese) an. - Gesundheitsbildung und -erziehung
(vgl. Brägger, Paulus & Posse 2005; Paulus 2009)
Die gesundheitsfördernde Schule fördert das Gesundheits- und Sicherheitsbewusstsein sowie die Gesundheitskompetenz (Fähigkeit, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden) von Schülerinnen und Schülern.
Herkunft
MindMatters stammt ursprünglich aus Australien und erfreut sich dort seit vielen Jahren grosser Beliebtheit (beyou.edu.au/). Seit 2003 steht die deutschsprachige Version von MindMatters Schulen zur Verfügung, die durch die Universität Lüneburg unter Mitarbeit der BARMER Krankenkasse sowie der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen und der Landesunfallkasse Niedersachsen weiterentwickelt wurde. Hier geht es zu MindMatters Deutschland.
MindMatters hat seit 2011 eine stärkere Abstimmung auf schulische Entwicklungen erfahren. Die Schweizerische Gesundheitsstiftung RADIX hat die Unterrichtsmodule für die Schweiz adaptiert und die Verknüpfung zum Lehrplan 21 gemacht, sowohl zu den fachlichen wie auch zu den überfachlichen Kompetenzen. Insbesondere für die Umsetzung der überfachlichen Kompetenzen leistet MindMatters einen wichtigen Beitrag. Zudem finden sich in allen Unterrichtsmodulen Impulse zur Förderung der Lehrpersonengesundheit und Elternzusammenarbeit.
Evaluationen
Die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz hat das Programm von 2022 bis 2023 evaluiert.
- Infografik
- Evaluationsbericht (Publikation Ende Juni 2024)
Evaluationsergebnisse:
Die Ergebnisse zeigen positive Veränderungen im Bereich der psychischen Gesundheit.
Schülerinnen und Schüler…
- … lernen mit Konflikten umzugehen*
- … klarere Kommunikation/Regeln*
- … weniger psychovegetative Beschwerden, Schulstress, psychische Belastung durch die Schule und negative Gefühle
Lehrpersonen…
- … bessere Schulqualität, besseres Verhältnis zur Schulleitung*
- … gemeinsame Vorstellungen, verbesserte kommunikative Kompetenz*
*signifikantes Niveau
Die Publikation zur Evaluation von Franze et al. (2007) finden Sie hier. Mehr zum deutschen Programm finden Sie unter mindmatters-schule.de.
Evaluationsergebnisse:
- Mitarbeiter/-innen von 82% aller australischen Sekundarschulen hatten an beruflichen MindMatters-Fortbildungen teilgenommen (über 81'000 Teilnehmer/-innen).
- 98% der Schulen kannten MindMatters.
- 71% der australischen Sekundarschulen hatten MindMatters eingesetzt.
- 66% aller befragten australischen Sekundarschulen benutzten MindMatters als Ressource.
- 38% aller australischen Sekundarschulen verwendeten MindMatters als ihre wichtigste Organisationshilfe zur Förderung der psychischen Gesundheit.
Die Publikation zur Evaluation von MindMatters in Australien (2005) finden Sie hier. Mehr Informationen zum australischen Programm unter beyou.edu.au/.